
"Haben die Grünen Zukunft und wie stehen sie zur Wehrpflicht und zum Schutz von Rechtsstaat und Demokratie?" – mit Anja Hajduk und Robert Pausch
18.12.2025 | 50 Min.
Darüber diskutiere ich mit Anja Hajduk, langjährige Bundestagsabgeordnete und von 2021 bis 2025 als Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, quasi als rechte Hand von Robert Habeck, sowie mit Robert Pausch, Autor bei der ZEIT. Anja Hajduk sieht im Ende der Ampel eine tiefe Bruchstelle: „Wenn eine Regierung vorzeitig zerbricht, ist das nicht der Normalfall. Das ist ein ganz besonderes Scheitern. (..) Die Regierung ist zerbrochen und dieses Zerbrechen hat zur grossen Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. (..) Eine Regierung muss das Ziel haben, gemeinsam mit der Unterschiedlichkeit der Partner Erfolg haben zu wollen. Und das ist etwas, was im Laufe der Ampel verloren gegangen ist. Und das gillt für alle drei Partner. Und deswegen müssen die Grünen (..) analysieren (..) was haben wir selber zu dem Spiel beigetragen“. Zu aktuellen Themen räumt Haiduk ein: „Es ist ein bisschen verpasst worden, das Thema: Wie stellen wir uns zur Wehrpflicht, wie stellen wir uns zu einem Pflichtjahr über alle Altersgruppen hinweg? […] Das ist eine Frage, wo es eine hohe gesellschaftliche Aufmerksamkeit im Moment gibt.“ Robert Pausch beschreibt, warum gerade dieses Thema so explosiv ist: „Es ist eines der Themen, auf dem gerade politische Energie drauf ist und irgendeine Art von Mobilisierungsfähigkeit, die aber bisher komplett vorbeiläuft an den Grünen […] nämlich irgendwie die Frage: Muss ich da jetzt auch an die Waffe?“ Hajduk entwirft den breiteren Rahmen: „Die ganz große Frage, die wir haben, ist nicht auf das Spektrum der Mitteparteien gerichtet, sondern die große Auseinandersetzung findet statt zwischen demokratischen Parteien, zwischen Demokratie und Autokratie.“ Und sie warnt vor zu viel Vorsicht: „Man muss schon mutig an die Gesellschaft herantreten. Ich glaube, dass die Gesellschaft eher ein bisschen die Nase voll hat, wenn sie so vorsichtige Antworten spürt, als wenn man etwas vor ihnen verheimlichen müsste.“ Die ganze Debatte hört ihr im Podcast 🎧Wie seht ihr das: Braucht es von den Grünen eine klarere Haltung zur Wehrpflicht und wie könnte sie beitragen, Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat zu stärken?

“Is Europe ready to defend itself against Russian aggression?” - with Nicole Deitelhoff and Ben Hodges
13.11.2025 | 43 Min.
Liegt in der russischen Aggression eine Kriegsgefahr für Europa? Die Welt steht in Flammen und ich frage den ehemaligen Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa, Ben Hodges und die Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff: Ist Europa gerüstet? – Die Debatte führt am Ende zu einer überraschend optimistischen Einschätzung. Was halten der ehemalige US-General und die Leiterin des Leibniz-Instituts für Friedens- und Konfliktforschung von der Solidarität innerhalb der NATO, ihrer Widerstandskraft und der Verlässlichkeit der transatlantischen Allianz? Was will Putin mit dem Krieg in der Ukraine eigentlich erreichen mit seinem Versuch die NATO zu provozieren und zu spalten? Nicole Deitelhoff meint: „Wir sind in einer Nicht-Friedensphase, aber nicht in einer Vor-Kriegsphase.“ Für sie steckt hinter Putins Strategie: „It is not about waging war against Western Europe. It is about getting Europe away from Ukraine’s side.”Und Ben Hodges ist überzeugt: „Putin fears not NATO armies or forces on his border. What he fears is an Ukraine that is liberal, democratic, free, prosperous.“ Am Ende geht es um ‘German Leadership‘ in Europa. Gegen den verbreiteten Alarmismus und die Selbstzweifel zeichnet Hodges ein anderes Bild von Sicherheit: kooperativ und europäisch. Der ehemalige US-Armee General sieht in der deutschen Zurückhaltung Pragmatismus und Stärke: „ I think Germany is leading by doing.“Die Debatte ist diesmal in Englisch, hört trotzdem rein und vielleicht teilt Ihr den Optimismus.

„Soll das Bundesverfassungsgericht die AfD verbieten?" - mit Gertrude Lübbe-Wolff und Norbert Lammert
17.10.2025 | 44 Min.
Kann das Bundesverfassungsgericht neutral bleiben, wenn das Land sich spaltet? In anderen Staaten – in den USA, in Ungarn, Italien und zuvor in Polen - versucht der Rechtspopulismus, die Gerichte unter seine Kontrolle zu bringen. Die Frage kann sich auch in Deutschland stellen. Soll die AfD verboten werden und was bedeutet das für die Demokratie? Wie politisch ist das Bundesverfassungsgericht? Es steht nach der Nicht-Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf als Richterin im Zentrum einer Debatte über Macht, Verantwortung und Vertrauen. Dabei geht es generell um das Verhältnis zwischen Politik und richterlicher Gewalt in Zeiten, wo Demokratie und Rechtsstaat nicht mehr selbstverständlich sind.Ich spreche mit Gertrude Lübbe-Wolff, ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht, und Norbert Lammert, langjähriger Bundestagsabgeordneter und während 12 Jahren Bundestagspräsident. Gemeinsam diskutieren wir, wie unabhängig das Gericht wirklich ist, wie Richterinnen und Richter in Karlsruhe gewählt werden und welchen politischen Einfluss es hat.Soll das Gericht die AfD verbieten? - Norbert Lammert warnt: „Das Verbotsverfahren gegen die AfD wäre ein politischer und juristischer Höllenritt.“ - Gertrude Lübbe-Wolff hält ein Parteiverbot ebenfalls für problematisch. Sie befürwortet es aber, gegen extremistische Parteifunktionäre das im Grundgesetz vorgesehene Instrument der Grundrechtsverwirkung zu nutzen.Eine Debatte über Vertrauen in Institutionen, über die Grenzen richterlicher Macht und über die Frage, wie weit Karlsruhe gehen darf, wenn die Demokratie sich selbst verteidigen muss.

„Die Bilder von Bührle & Gurlitt – Wie sollen Museen mit Raub und Fluchtkunst umgehen, die von Shoa-Verbrechen belastet sind? – mit Ann Demeester und Guido Magnaguagno
03.10.2025 | 34 Min.
Raubkunst ist kein Thema der Vergangenheit, sondern bleibt eine offene Wunde. Wie sollen Museen mit Bildern umgehen, die durch nationalsozialistische Verbrechen belastet sind? Darüber spreche ich mit der Direktorin des Kunsthauses Zürich Ann Demeester und mit Guido Magnaguagno, Kunsthistoriker und Kurator. Es geht um Raubkunst, Fluchtgut und die Frage der historischen Verantwortung.Emil Bührle hat als Waffenfabrikant während des Zweiten Weltkriegs ein Vermögen gemacht und damit seine Kunstsammlung finanziert, die heute in Zürich ausgestellt wird. - Cornelius Gurlitt war der Sohn eines Kunsthändlers im Dritten Reich, der nach 2012 weltbekannt wurde durch den spektakulären Fund seiner großen Sammlung von zum Teil Raub- und Fluchtkunst. Er hat diese Sammlung dem Kunstmuseum Bern vermachte.„Juristisch ist vieles verjährt, heute geht es nur noch um Moral und Ethik“, sagt Magnaguagno und zitiert den Schriftsteller Lukas Bärfuss: „Die Schweiz war und ist immer sehr gut in Erledigungskultur, aber nicht in Erinnerungskultur“. Demeester macht klar: “Geschichte ist nie zu Ende, wir können nicht einfach sagen: jetzt ist Schluss.“ Es geht um das Verhältnis zwischen Recht und Moral, um die Rolle der Schweizer Eliten im Zweiten Weltkrieg und um die Frage, ob Kunst jemals frei von ihrer Geschichte gezeigt werden kann. Ein technisches Problem 😢 : Der Ton von Ann Demeester ist schlecht, sorry, das Thema aber zu wichtig, um zu schweigen. Deshalb habe ich den schriftlichen Text der Debatte hier zugänglich gemacht.🎧 Hör jetzt rein und bilde dir deine eigene Meinung

„Binnenmarkt: Nach 20 Jahren europapolitischem Palaver muss die Schweiz entscheiden“ – mit Christa Tobler, Professorin für Europarecht, und dem Historiker und Verleger Markus Somm
18.9.2025 | 51 Min.
🇨🇭1992 verweigerte die Schweiz die Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und sicherte sich danach den Zugang zum Binnenmarkt mit bilateralen Verträgen in zwei Abkommenspaketen (1999 die Bilateralen I und 2004 die Bilateralen II).🇨🇭Heute ist der Bilateralismus am Ende, der Status quo ist nicht mehr im Angebot. Entweder stimmt die Schweiz nach jahrelangen Diskussionen dem endlich ausgehandelten Vertragspaket Schweiz-EU zu oder die bestehenden Verträge erodieren; entweder entscheidet sich das Land für eine umfassende vertragliche Zusammenarbeit mit der EU oder für eine Zukunft im strikt souveränen Alleingang der Abschottung. 🇨🇭Es ist ein Grundsatzentscheid, der dem Land mit seiner Kompromisskultur schwerfällt. Und weil sachliche Argumente kaum noch verfangen, geht es am Schluss wohl nur noch um Emotionen und Gefühle nationaler Identität. Mit Christa Tobler (Professorin für Europarecht, Basel/Leiden) und Markus Somm (Historiker & Verleger, Chefredaktor des Nebelspalters) führe ich darüber eine heftige Debatte.👉 Somm warnt: „Es ist nicht demokratisch, wenn wir einen Teil unserer Gesetzgebung einem anderen Staatenbund übergeben und Gesetze übernehmen, die wir nicht selbst beschlossen haben.“👉 Tobler hält dagegen: „Es ist völlig demokratisch, wenn wir demokratisch beschließen, dass wir zu unserem Vorteil an einem System mitmachen. Wir sind von EU-Staaten umgeben, eine Zusammenarbeit ist unverzichtbar.“



Tim Guldimann - Debatte zu Dritt