Chihiros Reise ins Zauberland / The Innocents
Little Girls Lost Zwei Filme, die aus der Sicht von Kindern erzählt sind, einen tiefen Einblick in die Kinderseele gewähren und in die Abgründe beider Welten: der kindlichen und der erwachsenen. A) Chihiros Reise ins Zauberland / Sen to Chihiro no kamikakushi Japanischer Zeichentrickfilm von 2001 Die zehnjährige Chihiro zieht mit ihren Eltern in eine neue Stadt. Auf dem Weg verfahren sie sich und entdecken einen verlassenen Vergnügungspark, den sie neugierig erkunden. Während ihre Eltern sich unerlaubt auf das dort bereitstehende Essen stürzen, erhält das quengelnde Mädchen die Warnung, vor Einbruch der Dunkelheit von hier zu fliehen. Doch als sie zu ihren Eltern zurückkommt, haben die sich in Schweine verwandelt. Mit zunehmender Dunkelheit wird dieser Ort immer unheimlicher. Chihiro findet Aufnahme im magischen Badehaus der Hexe Yubaba, doch sie darf hier nicht gratis unterschlüpfen. Harte Arbeit, schwere Prüfungen und schauerliche Rätsel warten auf sie und geben ihr das Gefühl, für die Sünden ihrer Eltern bestraft zu werden.Jeder Fan des Ghibli-Zeichentrick-Studios hat einen eigenen Lieblingsfilm. „Das wandelnde Schloss“ wird vielleicht am häufigsten genannt. Der erste Titel, der ein größeres Publikum außerhalb der Fanblase erreichte, war „Prinzessin Mononoke“. Aber es war sein Nachfolger, der sich nicht nur allgemein als der erfolgreichste Film des Studios herausgestellt hat, er gilt als die künstlerische Gipfelleistung des Genres Anime schlechthin. „Chihiros Reise ins Zauberland“ ist für den japanischen Zeichentrickfilm das, was „Terminator 2“ für den Actionfilm und was „Mit Schirm, Charme und Melone“ für das lineare Serienfernsehen ist. B) The Innocents / De uskyldige Norwegischer Horrorthriller von 2021Ein junges Elternpaar zieht mit seinen beiden Töchtern in einen öden Apartmentkomplex. Die Große, Anna, gibt nur unartikulierte Laute von sich und zeigt keine Emotionen, weshalb ihre kleine Schwester Ida sich einen Spaß daraus macht, ihr schmerzhafte Streiche zu spielen. Ida lernt Ben kennen, der kleinere Gegenstände mit bloßer Gedankenkraft bewegen kann. Als Ben im Spiel eine Katze tötet, wird er Ida erstmals unheimlich. Mit einem weiteren Kind aus der Nachbarschaft, der kleinen Aisha, kann ihre Schwester Anna gedanklich über größere Entfernungen kommunizieren. Unter ihrem Einfluss beginnt sie sogar zu sprechen – ein unerklärliches Glück, das ihre Eltern nicht fassen können. Fasziniert trainieren die Vier Kinder im Wald ihre Talente und bauen ihr geistiges Netzwerk weiter aus. Als Ben sich eines Tages über die Mädchen ärgert, nutzt er seine inzwischen beträchtlichen Fähigkeiten für überzogen grausame Racheakte. Es kommt zu einem tödlichen Konflikt, dessen Hintergründe das erwachsene Umfeld gar nicht mitbekommt.„The Innocents“ – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen 60er Jahre-Gruselfilm von Jack Clayton – versickerte bei den Filmfestspielen von Cannes. Ohne das Konkurrenzprogramm näher zu untersuchen, kann ich mir nicht vorstellen, dass es auf diesem Festival einen preiswürdigeren Beitrag gegeben hätte. Das ist umso seltsamer als diese norwegische Mischung aus Horrorfilm und Sozialdrama unzählige Gesellschaftsthemen würdig verhandelt. Um nur einige zu nennen: Inklusion, Erziehung und Kindeswohl, Autismus, Gruppendynamik, Einsamkeit, Kommunikationsprobleme, Superkräfte, Freundschaft, Entfremdung und Tod. Nächste Woche: „Jeanne Dielman“ (der amtierende „Beste Film aller Zeiten“) und „Dolores“